Auf genau 100 Posts brachte es unser Blog 2016. So viele wie noch nie. Besonders beschäftigt hat uns die Europameisterschaft, auch im Rahmen unseres EM-Autoren Battles. Doch keiner dieser Texte schaffte es in die Top5 der meist geklickten Posts des Jahres 2016. Dort stehen Berichte über die Türkei, das Tor des Monats, über die bestens Sport-Gadgets der CES 2016 und unsere Twitter-Follower Statistik. Hier im Überblick die TOP 5 des Jahres 2016.
TOP 1
Der meistgelesene Post 2016 beschäftigte sich mit einer skurrilen Meldung aus der Türkei. Das türkische Verfassungsgericht entschied Anfang 2016, das seit 1969 (!) bestehende Kicker-Verbot aufzuheben. Wie es zu dem Verbot kam, und was dies für die Kickerszene in der Türkei bedeutete, hatten wir in "Nach 47 Jahren: Kickern wieder legal" als erste auf Deutsch zusammengefasst. Hier der ganze Artikel nochmal zum Nachlesen:
Das türkische Verfassungsgericht hat einmal mehr eine spektakuläre Entscheidung getroffen und Schluß gemacht mit einem weltweit einmaligen Verbot. Tischfußball, Kicker oder im türkischen „Langirt“ war seit 1969 verboten. Jetzt entschied das höchste Gericht im Lande, das nun auch in der Türkei ganz legal gekickert werden darf....
Unsere Berichterstattung zu den Anschlägen in Istanbul im Anschluss an die Partie zwischen Beşiktaş und Bursaspor und die Reaktionen der Sports, bzw. der Fußballwelt darauf, brachte die zweitmeisten Klicks. Zum Nachlesen unser Text von Anfang Dezember dazu hier:
Zwei Explosionen erschütterten Samstagabend Istanbul. Im Anschluß an die Süperlig Partie zwischen Beşiktaş und Bursaspor kam es kurz nach dem Abzug der Gästefans aus dem Stadion zu zwei lauten Explosionen in unmittelbarer Stadionnähe. Offiziellen zu Folge soll es mindestens 44 Tote und 155 Verletzte gegeben haben, darunter auch Vereinsmitarbeiter von Beşiktaş. Die Explosionen werden auf ein explodiertes Fahrzeug und einen Selbstmordattentäter zurückgeführt. ...
Auf Platz 3 landete unser Support für die Unionerin Dina Orschmann, deren Einzug in die Auswahl zum Tor des Monats November feierten. Leider hat es zum Sieg bei Tor des Montas dann doch nicht gereicht. Wer noch einmal ihren Treffer sehen will. Hier:
Mit Dina Orschmann steht bei der traditionellen Wahl zum Tor des Monats, mal wieder eine Fußballerin zur Wahl. Das Voting findet im Internet noch bis Sonnabend, den 17.12.2016, 19 Uhr statt. ...
Auf Platz 4 landete unser ausführlicher Überblick über die besten 10 Sport Gadgets-Produkte auf der CES 2016. Wer und warum es in unsere Top 10 geschafft hatte, könnt ohr hier noch einmal nachlesen.
Gerade hat die CES ihre Tore geschlossen. Über 3000 Aussteller stellten ausgewählten BesucherInnen in Las Vegas ihre neuen Produkte aus der Elektro-Unterhaltungsbranche vor. Die besten 10 Gadgets die sich auch für den Sport nutzen lassen, oder speziell für Sport konzipiert wurden haben wir euch rausgesucht. ...
Unser Twitter-Ranking, das jedes Jahr die Follower Zahlen der Fußballklubs untersucht, wird gerne gelesen. Auf Platz 5 landete unser Text zu den Twitter Followern in Berlin. Ganz oben in der Top 10 steht dort wie schon 2015, Hertha BSC, und auch Kreisligist Blau-Weiß Friedrichshain hatte es wieder in die Top 10 geschafft. Den ganzen Bericht findet ihr hier:
Mit einem außerordentlichen Zuwachs an Twitter-Followern bleibt Hertha BSC auch im Twitter-Ranking die Nr. 1 im Berliner Fußball. Über 90.000 Twitter-User entschieden sich in den letzten 12 Monaten den blau-weißen zu folgen. Ein Zuwachs von fast 50%. Doch auch alle anderen Berliner Klubs konnten mehr Interesse durch Follower verzeichnen, oft um mehr als 30%. Dabei ist der Berliner Fußball bei Twitter im Fußball weiterhin nur spärlich vertreten. Nicht einmal 4% der rund 400 eingetragenen Klubs des Berliner Fußballverbandes betreibt auch einen Twitter-Account....
Zwei Explosionen
erschütterten Samstagabend Istanbul. Im Anschluß an die Süperlig Partie
zwischen Beşiktaş und Bursaspor kam es kurz nach dem Abzug der Gästefans aus
dem Stadion zu zwei lauten Explosionen in unmittelbarer Stadionnähe.
Offiziellen zu Folge soll es mindestens 44 Tote und 155 Verletzte gegeben
haben, darunter auch Vereinsmitarbeiter von Beşiktaş. Die Explosionen werden auf ein explodiertes Fahrzeug und einen
Selbstmordattentäter zurückgeführt.
Um 21 Uhr war rings um die
Vodafone-Arena in Beşiktaş in Istanbul noch die Freude tausender Fußballfans
Ton angebend. Beşiktaş besiegt Erzrivalen Bursaspor in einer dramatischen Begegnung
mit 2:1. Und ist jetzt punktgleich mit Tabellenführer Başakşehir, die
gleichzeitig bei Gençlerbirliği über ein 0:0 Unentschieden nicht hinauskamen.
Freude wohl auch beim Fußballverband, der Polizei und den Verantwortlichen
beider Vereine. Denn das erste mal nach sechs Jahren durften wieder Fans aus
Bursa ins Stadion und alles blieb friedlich. In den Jahren vor dem Gästefanverbot
zwischen Beşiktaş und Bursa gab es regelmäßig heftige Fanauseinandersetzungen
vor und nach dem Spiel. Doch die Freude über die friedvolle Durchführung der Süperlig-Partie, wich nur knapp
zwei Stunden später blankem Entsetzen.
Anschlag reisst Istanbul aus dem Wochenende
Zwei Explosionen
erschütterten die Umgebung des Stadions. Die Schallwellen breiteten sich über
das Meer durch die ganze Stadt aus und waren sogar im knapp 30 Kilometer
entfernten Stadtteil Kartal noch zu hören und zu spüren. Schnell brachten die
sozialen Medien Meldungen und Videos. Ein Mitschnitt von Beşiktaş TV machte die
Runde, bei dem die Studioreporter Live im Studio erschrocken die
Explosionsgeräusche mitbekamen. Auch ein Video von Gitarre spielenden
Jugendlichen auf der asiatischen Seite der Stadt zeigte die dramatischen
Sekunden. Während die Jugendlichen mit dem Rücken zum Bosporus saßen, filmte
ein Freund ihre öffentliche Jamsession. Plötzlich ist, im Hintergrund auf der
anderen Seite des Bosporusses, eine enorme helle Explosion zu sehen. Während
der Kameramann entsetzt, versucht in
Worte zu fassen was er so eben mit der Kamera eingefangen hat,spielen die nichts sehenden ihren Song weiter.
Noch bevor sie sich umdrehen um zu schauen, was ihren Freund so in Rage bringt,
erreicht die Schallwelle die asiatische Seite. Der Knall wirft alle drei auf
den Boden.
Polizeibeamte als Ziel ?
Offizielle sprachen zuerst
von ca. 20 Verletzten, doch im Laufe des Abends wurden die Zahlen korrigiert
und bekanntgegeben, dass es auch Todesopfer gegeben habe. Über die Anzahl gab
es zuerst keine Angaben. Jedoch wurde bestätigt, dass es sich um zwei
Explosionen gehandelt habe. Eine, die größere, hat sich am Beleştepe, dem
Umsonst-Hügel, ereignet. Ein kleiner Hügel am Rande der Vodafone-Arena, an dem
sich noch vor dem Neubau des Stadions an Spieltagen hunderte von Fußballfans
einfanden, da hier ein Teil des Spielfeldes eingesehen werden konnte. Hierwurde umsonst Beşiktaş gesehen und gefeiert. Mit dem Neubau bot der Hügel keinen Umsonst-Einblick mehr auf das
Spielgeschehen und dann hat die Polizei dort regelmäßig bei Beşiktaş spielen
Stellung bezogen. Ein Wasserwerfer und etliche Beamte gehören an diesem
Standort zum Standard bei Beşiktaş Spielen. Und genau dort, in der Nähe der
Beamten, fand dann die stärkere der beiden Explosionen statt. Der türkische
Innenminister Süleyman Soylu sprach dann auch in seiner ersten Erklärung von
ausschließlich verletzten Polizeibeamten, denen der Anschlag gegolten habe.
Gegen 3 Uhr nachts gab dann das Gesundheitsministerium bekannt, dass es
insgesamt 15 Todesopfer gegeben habe und 69 Verletzte. Eine Stunde später korrigierte das Innenministerium die Zahlen erneut: 29 Tote und 166 Verletzte, davon 27 Polizeibeamte. Sonntagmorgen wurde die Opferzahl erneut korrigiert und mit 38 Todesopfern und 155 Verletzten angegeben.
Anschlag tötet Klubmitarbeiter
So steht die Türkei einmal
mehr unter Schock. Der Putschversuch vom Sommer 2016 ist noch nicht vergessen
und auch blutige Terror-Anschläge verschiedenster Gruppierungen sind schrecklicher
Alltag geworden. Doch der Anschlag an der Vodafone-Arena bedeutet wohl mehr.
Greift er doch genau da an, wo noch die Normalität, der Alltag, - irgendwie
immer weiter ging. Beim Fußball. Bursaspor hat dann noch in der Nacht mit
Rücksprache von Fangruppen vermeldet, dass es keine Bursa-Fans unter den
Verletzten und Opfern gegeben habe. Beşiktaş hingegen muss Opfer beklagen. Ein Kongressmitglied und ein Mitarbeiter des Kinderbereichs befinden sich unter den Opfern. Trauer legt sich über den Fußball. Auch Galatasaray und Fenerbahçe verurteilen den Anschlag und veröffentlichten
Erklärungen auf ihren Homepages und tweeteten Images mit Trauerbekundungen.
Ein verzweifelter Hilfeschrei der Klubs, deren Freude über Tore und Siege
drohen unterzugehen in Tränen und Blut.
Update: Staatstrauer
Die Zahl der Opfer wurde von offizieller Seite noch einmal aktualisiert. Es wird jetzt von 38 Toten und 155 Verletzten ausgegangen. Über die Tätergruppe gibt es weiterhin Spekulationen, von Seiten der Regierung wird eine Täterschaft der PKK, oder ihr nachstehender Gruppen thematisiert. Für die Opfer aus Polizeikreisen, wurde am frühen Sonntag eine Gedenkveranstaltung durchgeführt. Für 15 Uhr Ortszeit ist ein Trauermarsch von Besiktas aus zum Vodafone-Stadion angekündigt worden. Für einen Tag ist Staatstrauer ausgerufen worden. Der türkische Fußballverband (TFF) hat angekündigt, das alle Spiele der professionellen Ligen am heutigen Sonntag und Montag, jedoch stattfinden werden. Die Fahnen an den Stadien werden auf Halbmast gesetzt, mit einer Schweigeminute soll an die Opfer erinnert werden. Musik wird in den Stadien nicht gespielt werden.
Update 2: TAK bekennt sich zu Anschlag
Die Terrorgruppe Freiheitsfalken Kurdistans bekennen sich zu Anschlag an der Vodafone-Arena. Der Anschlag reiht sich somit in eine Serie von Anschlägen der TAK, die allein 2016 über 100 Menschen das Leben kosteten. Zuvor war die Terrorgruppe besonders bis 2006 aktiv. Danach gab es nur vereinzelt Anschläge. 2016 ist nunmehr zum Höhepunkt der Gruppe geworden, die sich zum Zeil gesetzt hat mit spektakulären Aktionen auch gegen Touristen für Aufsehen zu sorgen. Die TAK ist eine Abspaltung der PKK, denen die PKK zu soft ist.
Update 3: Fußballfans planen Demo gegen Terror
Der türkische Gesundheitsminister hat die Zahlen nach dem Anschlag an der Vodafone-Arena erneut nach oben korrigieren müssen. Er spricht nun von 44 Todesopfern und 155 Verletzten. Im Gegensatz zu den vorherigen Anschlägen in Istanbul im Jahr 2016 wird öffentliche bekundete Anteilnahme diesmal nicht unterbunden. Tausende von IstanbulerInnen machen davon Gebrauch und finden sich am Anschlagsort ein und demonstrieren u.a. mit türkischen Fahnen und Nelken gegen den Terror. So hatte u.a. die sozialdemokratisch-kemalistische Partei CHP am Sonntag mit einem Schweigemarsch von Beşiktaş zum Stadion den Opfern gedacht. Für den heutigen Montag hat die Fangruppen Çarşı zu einem Trauerzug ebenfalls von Beşiktaş zum Stadion aufgerufen. Start des Marsches soll um 19:23 das Adler-Denkmal im Zentrum von Beşiktaş sein. Auch Fangruppen von Fenerbahçe und Galatasaray rufen zu der Demonstration auf.
Aufruf zur Fandemonstration gegen Terror, am Montag um 19:23 Uhr
Die Fußballspiele vom Sonntag standen ganz unter dem Eindruck der blutigen Anschläge. In verschiedenen Stadien solidarisierten sich Fans und Spieler mit der Polizei. Sei es mit Handshakes mit den Sicherheitskräften wie bei Galatasaray beim Einmarsch in die Telekom Arena, oder beim Torjubel. Hier gingen Spieler, nach dem erzielten Treffer, auf die am Spielfeldrand stehenden Polizisten zu und umarmten sie. Auch die spanische La Liga gedachte der Opfer von Istanbul mit Schweigeminuten im Vorfeld der Ligaspiele vom Sonntag. Die UEFA veröffentlichte eine Beleidesbekundung.
Am Mittwoch soll dann in der Vodafone-Arena wieder Fußball gespielt werden. Beşiktaş trifft dann auf Kayserispor. Klubchef Fikret Orman kündigte an mit den Familien der Opfer im Stadion zu sein. Zudem erklärte er, dass der Klub am Mittwoch die Dauerkarten für einen Tag einfrieren werde, die Einnahmen aus der Partie sollen den Familienangehörigen der Opfer gespendet werden. Auch hierzu rufen Fangruppen anderer Klubs auf, um Solidarität zu zeigen und sich am Mittwoch im Stadion einzufinden.
Deniz Naki
und sein Klub Amed Sportif Faaliyetler sorgen mit dem Einzug ins Viertelfinale
des türkischen Pokals für eine sportliche Sensation. Als einziger
Nicht-Süperligist schafften sie die Qualifikation. Nun bescherte die Auslosung
fürs Viertelfinale ein Hammerlos. Nächste Woche trifft der Klub aus Diyarbakir
auf den Serienmeister Fenerbahçe.
Der
türkische Pokal führt in der Türkei, trotz regelmäßiger Modi-Änderungen ein
Schattendasein. Die Spiele der Pokalrunde finden zu meist vor leeren Rängen
statt und das obwohl das zuschauerhemmende elektronische E-Ticket, Passolig,
hier keine Gültigkeit hat. Mit dem Einzug des Drittligisten Amed Spor
Faaliyetler hat der Pokal nun jedoch seine Sensation. Deniz Naki feiert mit seinem Klub, den
größten Erfolg in der Vereinsgeschichte. Zudem ist der Einzug des Drittligisten
als einziger Klub aus dem Osten des Landes auch ein Politikum.
Alter Klub mit neuem Namen
Seit Anfang
der Saison ist die St. Pauli Ikone in Diyarbakır am Start und mit Amed Sportif Faaliyetler hat er bei einem Klub angeheuert, der wie kaum ein anderer in der
Türkei polarisiert. Allein die
Namensgebung ist ein Politikum. Zum Zeitpunkt seines Wechsels hieß der Klub zwar
noch schlicht Diyarbakır Büyükşehir Belediyespor (Verein der Großstadt Diyarbakır). Der Namenszusatz Belediye zeugt davon, dass
der Verein einer Stadtverwaltung oder hier einer Großstadtverwaltung gehört (siehe
Deniz Naki ist zurück ). Das ist nicht ungewöhnlich in der Türkei, wo viele Vereine von
Stadtverwaltungen geleitet werden.Eine
Art des öffentlich-rechtlichen Fußballs. Ebenso nicht ungewöhnlich ist, dass
dann die jeweiligen Stadtverwaltungen auch ihre politischen Einstellungen in
die Vereinspolitik der Vereine einfließen lassen. Die Stadtverwaltung in
Diyarbakir wird z.B. durch die linke Partei HDP dominiert. Die HDP ist die
Partei der kurdischen Bewegung und besonders im Osten des Landes stark. So ist
auch die aktuelle Umbenennung von Diyarbakır Büyükşehir Belediyespor in Amed
Sportif Faaliyetler nur in dem Kontext des türkisch-kurdischen Konflikts zu
verstehen. Denn Amed ist der kurdische Name für Diyarbakır. Ganz so leicht ging
der Namenswechsel dann nicht von statten. Anträge beim Verband wurden
abgelehnt, Widersprüche eingelegt. Nach Verpflichtung von Deniz Naki wurde
jedoch eine Einigung erzielt und ein neuer genehmigter Name für Diyarbakır
Büyükşehir Belediyespor präsentiert: Amed Sportif Faaliyetler (Amed sportliche Aktivitäten). Verein und Fans halten jedoch inoffiziell an dem eigentlichen
Wunschnamen Amedspor fest. Die offizielle Homepage ist unter amedspor.com.tr registriert und auf der Page nennt man sich auch so. Mit dem Namen, der vom Verband abgelehnt wurde. Ein Politikum
weiterhin.
Namensstreit: Offiziell Amed Sportif Faaliyetler, nennt sich der Klub selbst Amedspor
Für ein Politikum hätte es dabei einer Namensänderung gar nicht
bedurft. Wurden in den letzten Jahrzehnten doch schon zuvor Teams aus dem
Osten, trotz türkischen Vereinsnamens oft Ziel von nationalistischen
motivierten Fananfeindungen. Auftritte des heute nicht mehr existenten Klubs Diyarbakırspor
gerieten in der Süperlig zuweilen zu einem Spießrutenlaufen. Klubs aus dem Osten
des Landes werden von vielen Stadiongängern im Westen des Landes flugs mit der
PKK gleich gesetzt und Fans und Spieler der Klubs aus dem Osten dementsprechend
angefeindet. Mit dem erneuten Entflammen von militärischen Auseinandersetzungen
zwischen dem türkischen Staat und PKK nahen Gruppen im Sommer 2015 war
abzusehen, dass dies sich auch im Fußball widerspiegeln würde. Dadurch das Teams aus dem Osten z.Zt. nur unterklassig vertreten sind, spielte sich dieser
Konflikt jedoch außerhalb des Blickfeldes der Öffentlichkeit ab. Mit dem aktuellen sportlichen Erfolg von Amed wurde die prekäre Situation sichtbar.
Der Weg ins Viertelfinale
Amed qualifizierte sich eindrucksvoll. Ungeschlagen in allen
bisherigen acht Partien des Wettbewerbes, sowohl in der KO-Runde, als auch in
den Gruppenspielen. Im letzten Gruppenspiel der Gruppe A traf Amed dann auf den
Süperligisten Başakşehirspor. Im Hinspiel trennten sich beide Teams 3:3. Und es
ging im Rückspiel um den Gruppensieg. Mit einem Sieg wäre Amed Spitzenreiter
geworden und hätte im Achtelfinale eine vermeintlich leichteren Gegner
bekommen. Der Gegner, Başakşehir aus Istanbul, ist ebenfalls ein Verein der einer Stadtverwaltung
zu geordnet ist. Hier ist es die Regierungspartei AKP die den Verein lenkt. Amed
führte dann im entscheidenden Duell Ende Januar schnell mit 2:0. Erst in den Schlußminuten
gelang den Gastgebern durch den ehemaligen Nationalspieler Semih Şentürk
der 2:2 Ausgleich. Dieser zelebrierte seinen Torjubel und die Freude über den
Gruppensieg mit einem Soldatengruß vor der Kurve der Amed-Fans. Für Şentürk
eine Solidaritätserklärung an die Soldaten der türkischen Armee, die z.Zt. unter
vielen Opfern im Zuge der Auseinandersetzung mit PKK nahen Gruppen zu leiden hat.
Für viele Amed-Fans jedoch eine Provokation, die sich in eine Atmosphäre von Anfeindungen
fügte. Die Folge Empörung im Amed-Block. Polizeieinsatz und Festnahmen. Das Şentürk
selbst seinen Militärdienst nicht abgeleistet hat, ist dann nur noch eine
paradoxe Randnotiz.
Im Achtelfinale wartete dann das Gastspiel am Sonntag bei
Bursaspor. In die aufgeheizte sportliche und politische Atmosphäre platzte eine
Internetankündigung von Bursaspor-Fans in der verbal scharf gegen Fans von Amed
geschossen wurde. Der Verband reagierte zügig und verhängte ein Gästefanverbot.
Amed spielte zwar zuvor noch nie in Bursa, doch bei den Fans von Bursa sind die
Ereignisse aus den Spielen mit dem ehemaligen Klub Diyarbakırspor
noch omnipräsent. In der Saison 2009/2010 gab es zuerst Auseinandersetzungen
auf den Rängen in Bursa. Beim Rückspiel in Diyarbakır, ausgetragen ohne
Gästefans, wurden Spieler und Funktionäre von Bursa dann angegriffen. Das Spiel
musste abgebrochen werden und nachträgliche wurde es für Bursa gewertet. All dies
wurde nun auch im Vorfeld auf Amed projiziert. Trotz der Nicht-Anwesenheit von
Amed-Fans in Bursa kam es am Sonntag im Stadion dann immer wieder zu Tumulten
auf den Tribünen. Einzelne Bursa-Fans machten Jagd auf vermeintliche ins
Stadion gelangte Amed-Fans. Trotz der fehlenden Fan-Unterstützung und der
feindlichen Stimmung gelang Amed die sportliche Sensation. Mit 2:1 wurde Bursa
geschlagen. Das 2:0 durch Deniz Naki besiegelte schon frühzeitig das Aus von
Bursa. Amed war spielerisch und kämpferisch nicht beizukommen. Der
Anschlußtreffer viel auch erst in den Schlußminuten. Die erste Niederlage für
Bursaspor im gerade erst eingeweihten neuen Stadion ließ keine Freude
aufkommen. In Diyabakir hingegen feierten kurz nach Spielende hunderte von Fans
dann die Sensation, bis die Polizei eingriff und wegen Slogans für die PKK die
Feierlichkeiten mit Tränengas und Wasserwerfern auflöste.
Die Begegnung zwischen Bursaspor und Amed wurde so schon im Vorfeld
zu etwas wie einem nationalen Länderspiel hochstilisiert. Fans aus dem ganzen
Land solidarisierten sich mit Bursa, gegen die PKK und kurdische militante Separatisten.
Auch der Sprecher des übertragenden Senders konnte seine Sympathien kaum
verheimlichen. Zwischendurch betitelte er, das Team von Amed sogar nur als
„onlar“, also die anderen. Kein Wunder, dass die Fans im Stadion auch brutale
Fouls an Amed-Spielern dann fast schon frenetisch abfeierten und sich im
Stadion viele Türkei-Fahnen fanden, sowie wie bei National-Spielen „Türkiye,
Türkiye“ durch das Rund hallten. Auch nur eine Randnotiz, das in der Startelf
bei Bursaspor acht Ausländer standen, hingegen bei Amed ausschließlich Spieler
aus der Türkei.Das die Wahrnehmung und
Zuschreibungen gegenüber Amed Spor Faaliyetler jedoch nicht nur einseitig sind,
zeigt auch die Art und Weise wie die Fans selbst im Vorfeld des Achtelfinales
warben. Auf unzähligen Twitter-Accounts, die auf dem ersten Blick wie
Vereinsaccounts wirken, aber nur Fanaccounts sind, wurde unter dem Hashtag #HalkınİçinSaldırAmedspor
(Greife an für das Volk) fleißig ethnisiert.
Deniz Naki bleibt Deniz
In einem Klub, der sich politisch so wo weit aus dem Fenster
hängt wie Amed fühlt sich Deniz Naki gut aufgenommen. Kaum verwunderlich, das
er nach seinem Treffer auch verbal und per Ikonen-Geste nachlegt. Sein Tattoo
„Azadi“ am Unteram wurde zum Symbol des Erfolges und des Kampfes seines Klubs. „Azadi“
ist Kurdisch und heißt Freiheit. Mit einer kämpferischen und politischen Erklärung
über Facebook widmet der ehemalige Kiezkicker seinen Treffer und den Sieg dann
auch den Opfern der Auseinandersetzungen im Osten des Landes.
Deniz Naki widmet den Sieg den Opfern der Auseinandersetzungen im Osten des Landes
Fenerbahçe kommt
Doch
der sportliche Höhenflug, des in der 3. Liga nur auf Platz 8 stehenden Klubs
könnte nun schnell vorbei sein. Obwohl das Team Qualität gegen die
Süperligisten Başakşehir und Bursaspor eindrucksvoll bewiesen hat, wird dem
Newcomer gegen Fenerbahçe kaum eine Chance eingeräumt. Und auch hier steht
neben dem sportlichen plötzlich auch eine politische Note auf dem Platz. Wie
werden die Fans von Fenerbahçe in dieser aufgeheizten Atmosphäre im Land
reagieren? Schon jetzt gibt es im Internet Aufrufe von Fangruppen landesweit
Fenerbahçe gegen Amed zu unterstützen. Auch von den verhassten Galatasaray-Fans.
Zuschauerverbot
Und
der Verband reagierte schnell. Knapp 3 Stunden nach Auslosung der Pokalpartie,
bestrafte der Verband Amed mit einem Spiel vor leeren Rängen. Und dies soll das
Spiel gegen Fener sein. Grund: Das Verhalten der Fans beim Gastspiel bei
Başakşehir. Und auch Deniz Naki wird wohl nicht dabei sein, denn seine
Äußerungen per Facebook wurden vom Verband moniert. Ein Disziplinarverfahren
aufgrund von Veröffentlichungen entgegen der Fairness und wegen separatistischer
und ideologischer Propaganda wurde eingeleitet.
Das
im März dann beim Rückspiel Fans von Amed bei Fenerbahçe erscheinen dürfen
scheint zudem aussichtslos. Die Auseinandersetzungen im Osten des Landes
haben für derart viel Sprengstoff im ganzen Land gesorgt, das eine
ordnungsgemäße Durchführung eines Spiels dieserart kaum noch möglich erscheint.
Erschreckende Parallelen tun sich auf zu dem Beginn des Bürgerkrieges in Jugoslawien,
auch dort spielten Fanauseinandersetzungen mit Hintergrund des ethnischen
Backgrounds eine gesellschaftlich eskalierende Rolle.
Viertelfinale auf einen Blick
Medipol Başakşehir - Çaykur Rizespor
Akhisar Belediyespor - Galatasaray
Beşiktaş - Torku Konyaspor
Amed Sportif Faaliyetler - Fenerbahçe
Alle Spiele werden mit Hin- und Rückspiel ausgetragen. Im
Halbfinale treffen dann die Sieger aus Medipol Başakşehir-Çaykur Rizespor und
Akhisar Belediyespor-Galatasaray, sowie von Beşiktaş-Torku Konyaspor und Amed
Sportif Faaliyetler-Fenerbahçe aufeinander. Die Hinspiele des Viertefinales
sind für den 9.,10. und 11. Februar angesetzt. Die Rückspiel für den 1., 2. und
3. März. Die Halfinals finden Mitte April und Anfang Mai statt. Das Finale wird
am 25. Mai in Antalya in der neuen Solar-Arena ausgetragen. (siehe Antalya-Arena: Sonnenstadion in der Touri-Hochburg) Zu allen Spielen des türkischen Pokals können Tickets auch ohne
Passolig-System erworben werden. Eine Möglichkeit für Touristen und
Groundhopper auch mal ein Spiel in der Türkei zu erleben.
Weiterführende Artikel zum Thema auf tumds.blogspot.de