Am Mittwochabend beim
Freundschaftsspiel zwischen der Türkei und Russland wurde BVB Youngster Emre
Mor beim Abspielen der türkischen Nationalhymne von den Live-Kameras
Kaugummi-Kauend eingefangen. Sofort sah er sich nationalistischer Kritik
ausgesetzt und erntete einen Shitstorm nicht nur in den sozialen Medien (s. Emre Mor: Lob und Shitstorm).
In der türkischen Tageszeitung Hürriyet entschuldigte er sich nun bei allen
deren Gefühle er verletzt habe.
Emre Mor überzeugte bei
seinem 5. Einsatz im türkischen Auswahldress und wurde von Fans und
Kommentatoren schon als der türkische Messi gefeiert. Der türkische Fußball hat
mit dem erst 19 Jahre alten in Dänemark geborenen Kicker wieder Hoffnung
geschöpft. Doch geriet die Leistung des BVB-Profis schnell ins Hintertreffen
und wurde vom Kaugummi-Gate überschattet. Emre Mor sah sich, wohl auf Druck der
Öffentlichkeit, gezwungen Stellung zu nehmen und entschuldigte sich öffentlich.
Die Hürriyet zitierte ihn exklusiv: „ Beim Abspielen der Nationalhymne habe ich
aus Aufregung vergessen meinen Kaugummi herauszunehmen. Vor Spielen bei denen
ich aufgeregt bin, esse ich immer einen Kaugummi. Ich entschuldige mich bei
allen deren Gefühle ich dadurch verletzt habe. Ich bin ein Teil dieses Landes
und werde auf dem Platz in meinem Trikot bis zum Ende kämpfen. Ich bin mir
bewusst, dass ich noch vieles zu lernen habe. Es gibt noch vieles an was ich
mich anpassen muss. Für mich ist wichtig aus meinen Fehlern zu lernen.“
Emre Mor beim obligatorischen Absingen der Hymne während #TUR vs. #RUS
(screenshot)
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Weiterhin zitiert ihn die
Tageszeitung mit: „ Kritik lässt den Menschen reifen. Doch haben mich manche
Sachen, die ich gelesen habe wirklich verletzt. Mir ist vorgeworfen worden kein
Türke zu sein. Ich bin Türke und werde immer Türke bleiben. Wenn ich anders
denken würde, hätte ich mich nicht für die Türkei, sondern für Dänemark
entschieden.“
Entschuldigungen für Tanz & Kaugummi-Kauen
Der Fall Emre Mor zeigt analog
zum Fall Harting in Deutschland, wie nationalistische Diskurse in den sozialen
Medien ihren Widerhall finden und dadurch Druck aufbauen. Sportler, die sich
nicht den Normen der nationalen Insignien unterwerfen,
werden abgestraft. Die öffentliche Abstrafung nötigt die Sportler dazu ihr
Verhalten zu erklären. Dabei wird der Kotau vor dem Nationalismus vollzogen und
der nationalistische Diskurs kann sich einmal mehr als Status Qou behaupten.
Liberale Geister und Nationalismus-Kritiker schweigen, vielleicht weil sie die
„Verfehlungen“ der Sportler eher als lächerlich und damit das Thema als
unrelevant verorten. Doch überlassen sie damit dem nationalistischen Diskurs
seinen Raum. Der im Jahre 2016 noch immer bei anachronistischen
Verhaltenskodexen beim Abspielen von Nationalhymnen hängen geblieben ist.
So wundert es nicht, dass
sowohl Harting als auch Mor sich flugs entschuldigen mussten, bei denen deren
sie Gefühle angeblich verletzt hatten. Gefühle von Unbeteiligten an einem
sportlichen Ereignis an dem sie teilnahmen. Gefühle von Menschen, die verletzt
werden, weil ein ihnen unbekannter Mensch, sich bei dem Abspielen eines nationalistisch
genutzten Musikstückes nicht so verhalten hat, wie es sich die Rezipienten vorstellen.
Hier diktiert die Gefühlswelt der Zuschauer, nicht die Protagonisten der
Sportveranstaltung, nicht die Sportler.
Auffällig wie ähnlich die
beiden Protagonisten in den aktuellen Fällen auf die Anfeindungen reagierten.
Die Entschuldigungen von Mor und Harting fanden über die Medien statt und
inhaltlich hätten sie aus dem selben Haus kommen können. Harting stellte klar,
das seine Tanzeinlage keineswegs Missachtung vor der Hymne gewesen sei und aus
Aufregung passiert sei. Ebenso wie bei Mor wird hier mit Aufregung
entschuldigt. Mor muss als tri-kultureller Sportler noch weiter gehen und ein
abermaliges Bekenntnis zur Nation abliefern. Zu der Nation, zu der er sich
schon vorher durch das Tragen des Trikots bekannt hatte.
Der Kaugummi-Gate zu sehen hier im Video ab 0.25
Sportler allein gelassen
Dieser Diskurs ist so etwas
von letztes Jahrhundert und deshalb bemerkenswert. Denn wäre bei offenen
liberalen Gesellschaften nicht eine Diskussion von Sinn und Unsinn von
nationalen Zeichen bei Sportveranstaltungen angesagt gewesen? Oder eine
Diskussion über das Dogma des ehrfürchtigen Strammstehens? Müssen alle Menschen
gleich reagieren, sich gleich verhalten im Angesicht von Nationalfahnen und der
zugehörigen Musik? Und wer legt letztendlich fest, wie sich bei Hymnen und
Fahnenhissung zu verhalten ist? All diese Punkte sind verhandelbar. Sie sind
nicht natürlich, wie ein Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang. Sie sind von
Menschen geschaffene Rituale und wie damit umzugehen ist müssen die Gesellschaften
selbst bestimmen und sollten einem ständigen Wandel
unterzogen sein. Doch diese Diskussionen werden nicht geführt. So werden die Sportler zu prominenten Opfern
und sind sich selbst und ihren Beratern überlassen, dem nationalistischen
öffentlichen Druck zu begegnen.
Harting und Mor haben sich
mit ihren öffentlichen Entschuldigungen aus der Kritikzone gebracht. Doch die
nationalistische Kritik ist bleibend. Sportler weltweit sind sensibilisiert und
werden in Zukunft schon im Vorfeld das adäquate Verhalten im nationalistischen
Gewand trainieren. Gebrochen wird dies wohl nur noch vereinzelt, wie bei Colin
Kapernick, der beim Abspielen der US-Hymne Ende August beim NFL-Preseason-Game
zwischen San Francisco und Green Bay sitzen blieb. Jedoch nicht aus Aufregung,
sondern aus Protest. Protest gegen Alltagsrassismus in den USA. Nationalistische
Musikliebhaber, deren Gefühle auch hier verletzt wurden, werden auf eine
Entschuldigung in diesem Fall wohl ewig warten müssen.
Emre Mor: Lob und Shitstorm
Emre Mor überzeugte beim gestrigen Freundschaftsspiel der Türkei gegen Russland (0:0) erneut im Trikot der rot-weißen. Seine Dribblings und sein Ballgefühl werden von Experten und in den sozialen Medien in schrillen Tönen gelobt. Der türkische Messi, heißt es da. Der erst 19 jährige Dortmund Profi wird jedoch nicht nur gefeiert. Gleichzeitig ist er auch Opfer eines kleinen Shitstorms. Grund: Kaugummikauen während der Nationalhymne. ...
tumds.blogspot.de - 1 September 2016, Donnerstag
дружба means Dostluk
Seit dem Abschuss eines russischen Jets über Syrien seitens der türkischen Armee am 24. November 2015 lagen die türkisch-russischen Beziehungen auf Eis. Boykotte, Schuldzuweisungen und verbale Angriffe bestimmten das Verhältnis. So schnell die Krise kam, so schnell nähern sich nun die beiden Staatschefs und damit auch die beiden Länder wieder aneinander an. Der plötzliche Wandel und die zarte neue türkisch-russische Freundschaft soll jetzt mit einem eiligst geplanten Fußball-Freundschaftsspiel zwischen den Auswahlteams beider Länder am Mittwoch in Antalya öffentlichkeitswirksam begangen werden. ...
tumds.blogspot.de - 30 August 2016, Dienstag
Sport wird zum Spielball in türkisch-russischer Krise
Sport kann Menschen zusammenbringen, Sport kann ein Vorreiter auch für die Politik sein. All zu oft gerät der Sport aber zum Spielball der Politik. So sind die türkisch russischen Beziehungen nach dem Abschuß eines russischen Kampfjets über Syrien durch die türkische Armee, zutiefst gestört. Beide Länder belegen sich gegenseitig mit den unterschiedlichsten Sanktionen. Darunter leidet auch der Sport. Wir haben die aktuellen Auswirkungen der türkisch-russischen Krise auf die Sportwelt kurz zusammengefasst. ...
Hier zum kompletten Artikeltumds.blogspot.de - 2 Dezember 2015, Mittwoch
Russischer Verband bestraft verbrennen türkischer Flagge
Knapp eine Woche ist es her, das beim letzten Hinrundenspiel der russischen Premjer Liga zwischen Spartak Moskau und Krylia Sovetov Samara die Gastgeber 1:0 gewonnen haben. Doch von dem Ergebnis redet heute niemand mehr. Vor Spielbeginn haben Fans von Spartak Moskau türkische Fahnen im Stadion verbrannt. Damit wurde die Kriegsstimmung zwischen beiden Ländern, die seit dem Abschuß eines russischen Kriegsflugzeuges durch das türkische Militär herrscht weiter angefeuert. Nach nur sechs Tagen hat der russische Fußball-Verband nun eine Strafe wegen rassistischen und Hassäußerungen gegenüber Spartak Moskau verhängt. ...
tumds.blogspot.de - 11 Dezember 2015, Freitag
Antalya-Arena: Sonnenstadion in der Touri-Hochburg
Der türkische Erstligist Antalyaspor hat ab Montag ein neues zu Hause. Der Liga-Achte empfängt dann den Tabellenführer Beşiktaş in der frisch fertiggestellten Antalya Arena. Die ovale Sportarena im Zentrum der Tourismusregion der Türkei, wurde in knapp zwei Jahren erbaut und ist weltweit das Stadion, welches am meisten Energie produziert. In Antalya natürlich per Sonnenenergie. ...
tumds.blogspot.de - 25 Oktober 2015, Sonntag