Dienstag, 5. Mai 2015

Periscope & Co. : Revolution für Live-Sport Berichterstattung

Alt und Jung, haben so ihre Probleme miteinander. Sei es im Alltag oder im virtuellen. Uber nervt die Taxi-Innung und airbnb bringt die Tourismusbranche durcheinander. So sind auch neue Medien immer eine Gefahr für alte Medien und ihre gewohnten Finanzierungskonzepte. Die aktuelle Förderungsmaßnahme der klassischen Medien mit 150 Millionen Euro in den nächsten 3 Jahren durch Google, ist aktueller Zeuge des Zeitenwandels und wurde mit einiger Genugtuung von den mit Förderung bedachten Medien aufgenommen.


Mit Periscope, Meerkat und Butterfly TV haben sich in den letzten Wochen einfache App´s zu Wort gemeldet, die eigentlich nicht anderes machen, als das Handy in einen portablen TV-Sender zu verwandeln. Die Streaming Apps tun dabei nichts anderes, als unzählige vorherige Anwendungen im Internet auch. Auf Homepages wie Ustream konnte schon lange hemmungslos gestreamt werden, direkt vom PC, dem Tablet oder eben auch vom Handy. Doch diese neuen APPs, die bestehende Möglichkeiten neu adaptieren und interpretieren haben nun das Zeug ganze Branchen auf den Kopf zu stellen.

Sport ohne Live-Bilder ist undenkbar. Live-Bilder machen Sport zu nachhaltigen Gruppenereignissen. Die Verfügbarkeit von PC und Kameras führt schon lange zu immer neuen Umsetzungen um auch Sportereignissen außerhalb des großen Business zu Bewegt-Bildern Live zu verhelfen. Live-Bilder sind Prestige. Erst letztes Wochenende erreichte der Internet-Livestream des Berlin-Liga Spiels zwischen Tennis Borussia und Tasmania Berlin knapp über 300 ZuschauerInnen. Ganz beachtlich für ein Sechstliga-Spiel, besonders da auch im Stadion selbst schon 1910 zahlende ZuschauerInnen mitfieberten. Doch die hier notwendigen, wenn auch nur rudimentären, Kenntnisse von Hardware und deren Konfiguration machten das Streaming zu einem Ereignis bestenfalls für Nachwuchs-Nerds. Mit Periscope & Co ist das Streaming dann so einfach, wie ein Post auf Facebook, ein Foto auf Instagram, oder der Tweet bei Twitter.

Neu ist die Plattform

Der Clou bei Periscope: Hier wird nun nicht nur durch das Konzept des Streamings per Handy gelockt, sondern durch automatische Verknüpfung mit dem existierenden Twitter-Account. So eingebettet sind die Streams in einer stets wachsenden Social-Community beheimatet und sorgen für UserInnen. Und davon wird auch wiederum Twitter profitieren, denn so steigt der Mehrwert der zu mindestens in Deutschland noch nicht vollends ausgeschöpften Userbeteiligung des sozialen Mikro-Nachrichtendienstes. Periscope mit über 1 Million UserInnen in nur ein paar Wochen und Twitter mit 302 Millionen Aktiven bieten aber schon jetzt eine weltweit enorme Reichweite.

Während nun in Deutschland Hobbyfilmer, Journalisten, oder auch Politiker sich vorsichtig dem neuen Services annähern und von Osterfeuern, Galerieeröffnungen und Diskussionsveranstaltungen streamen, sind in den Twitter-Hochburgen USA und der Türkei schon in den ersten Wochen von Periscope große Medienunternehmen aufgeschreckt. Sei es durch die Übertragung von TV-Serien oder Fußballspielen der türkischen Süperlig. In Deutschland angekommen ist die Diskussion um Periscope & Co. und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Rechteinhaber von Sportereignissen, dann spätestens am Wochenende, als Hunderte von Zuschauern des Boxkampfes zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao ganz einfach im heimischen Wohnzimmer auf „Broadcast“ drückten und die Pay-TV Bilder umsonst mit Periscope und Twitter im Netz teilten.

IT-Branche hat ein neues Opfer

Im Twitter-Mekka Türkei ist die Diskussion schon längst im Gange. Dort hat schließlich jeder Dritte Internet-User auch einen Twitter-Account, so viel wie in keinem anderen Land. Hier kündigte der Rechteinhaber der Süperlig „LigTV“schon im April Klagen gegen Twitter & Co. sowie UserInnen an, die die Liga-Spiele per Periscope anderen Usern zugänglich machten. Dabei ist der Schwarzmarkt in Sachen Sport im Internet schon gut aufgestellt. Mit ein bißchen Zeitaufwand ließ sich schon zuvor schnell ein Stream von fast jeder in irgendeinem TV-Sender der Welt übertragenen Sportveranstaltung finden. Dabei sind die Anbieter dieser illegalen Streams sehr professionell. Eigene Webseiten, Suchmaschinen, neu entwickelte Video-Player und Werbung zeugen von einem stabilen Markt in der illegalen Nische der Sportübertragungen. Periscope & Co. machen die Piraterie nun noch simpler. Einfach den TV-Bildschirm abfilmen und flugs lassen sich so z.B. bei hochkarätigen Sportereignissen schnell Hunderte von neuen FollowerInnen generieren.

Die Überwachung dieser Stream ist schon jetzt in der Anfangsphase der neuen Apps nicht mehr zu 100% möglich. Zu hoch sind die Nutzerzahlen, als das jeder Live-Stream minütlich gecheckt werden könnte. Periscope sorgt zwar per AGB für Klarheit und betont das Lizenzverstöße offline gesetzt werden, doch steht der Überwachung nicht nur der wachsende Zuspruch im Weg. Denn durch die in der App bereitgestellte Möglichkeit privat und nur an ausgewählte UserInnen zu streamen, ist den Rechtinhabern die Chance genommen die Streams im Netz aufzuspüren. Ein Stream der nur an vertrauenswürdige zwei Follower, oder eben auch an hunderte Bekannte, Freunde eventuell auch Piraterie-Kunden gestreamt wird, bleibt eben für Nicht-Eingeweihte unsichtbar und kann nicht belangt werden. Solch ein Stream könnte somit nur noch durch die schon jetzt überforderten Kontrollmechanismen des Stream-Anbieter gestoppt werden. Erschwert wird auch das spätere aufspüren der Streams und fragwürdiger Inhalte, durch eine weitere Eigenheit von Marktführer Periscope. Alle gestreamten Sendungen bleiben nach Programmende nur 24 Stunden weiterhin abrufbar, und das auch nur über die Handy-App. Auf der Internet Plattform unter www.periscope.tv sind zwar vom Computer aus auch die Streams live zu verfolgen, aber wenn der Stream vorbei ist, ist dann aber auch am größeren Bildschirm Schluß. Eine spätere Ansicht des Videomaterials ist nicht vorgesehen.

Hartplatzhelden 2.0

Und wenn sich nun auch ZuschauerInnen bei Live-Veranstaltungen im Stadion, oder am Rande der Tour de France wie Sportschau MacherInnen fühlen wollen, werden dann Handys aus den Stadien und von allen kommerziellen Sportveranstaltungen verbannt? Wie soll kontrolliert werden, dass eben nicht nur das Erinnerungsfoto oder Video für zu Hause geschossen oder gedreht wurde. Interessant wird auch zu Beobachten sein, wie Sportverbände reagieren, wenn nun Fans von AmateursportlerInnen und Vereinen ihre Lieblinge Live ins Netz stellen. So hat zwar der Bundesgerichtshof im Fall der Videoplattform Hartplatzhelden vs. Württembergischen Fußballverband, der Plattform, auf welcher Videoschnpisel vom württembergischen Amateurfußball gepostet wurden konnten Recht gegeben und der Ansicht des Verbandes widersprochen, das dieser kompletten die Rechte an der Vermarktung der Spiele in seinem Landesverband besäße. Doch war hier von Liveübertragungen nicht die Rede. Was nun, wenn Mütter und Väter die sportlichen Leistungen ihres Nachwuchses Live ins Internet streamen? Sei es vom Sportplatz aus, oder aus der Halle. Eine Neuauflage eines Hartplatzhelden Prozesses wird sicherlich nicht lange auf sich warten lassen.

Akzeptierend reagieren

Das diese Apps, so schnell wie sie nun kamen wieder verschwinden werden und sich das Problem von selber löst ist nicht zu erwarten. Zu schnell wächst der Markt. Zu hoch ist die Lust auf Bewegt-Bilder, auf ungeschnittene Echtzeitbilder von den wichtigen und weniger wichtigen Ereignissen auf der Welt. Zudem ist Periscope bisher nur für I-Phones verfügbar. Eine Version für die Masse der Android Handys ist angekündigt. Butterfly TV hingegen arbeitet dazu an der Möglichkeit, direkt mit der GoPro Cam oder diversen anderen Cam-System streamen um damit noch hochwertigers Material anbieten zu können.

Periscope & Co werden den Markt gehörig durcheinander wirbeln, wie Uber und airbnb und vielleicht sogar wie Google die Nachrichtenbranche. Und Klagen, sowie weitere rechtliche Maßnahmen gegen Persicope & Co, werden den Start-Ups zu einer noch schneller steigenden Bekanntheit verhelfen. Wenn hier nicht schon im frühen Zeitpunkt der Entwicklung von den alten Medien auf Zusammenarbeit mit den Neuen gesetzt wird, könnte es in zehn Jahren den nächsten millionenschweren Fon der IT-Branche für die alten Medien geben. Nutznießer wären dann kommerzielle Sportsender wie Sky, ESPN, bein und Sportverbände.