Einbahnstraßenfußball ist eine schmerzliche Angelegenheit. Wer einmal selbst unter dieser Form des Fußballs litt, wird diese Demütigung nicht vergessen. Natürlich kommt es darauf an auf welcher Seite man steht. Denn praktizierst du mit deinen Ballfreunden den Einbahnstraßenfußball, also seid ihr bist aktiv, spielt ihr euch s in einen Rausch. Es gelingen die unglaublichsten Pässe, Tricks und Aktionen, selbst der schlechteste Spieler in deinem Team ist heute ein Maradona. Der Platz gehört euch, es geht nur in eine Richtung.
Nur genau hier liegt das Dilemma der passiven Einbahnstraßenfußballer. Stehst du einmal auf der falschen Bahn, wirst du hinweggespült und an den Rand gedrängt. Selbst wenn du und dein Team sich mit Händen und Füßen wehren ist alles vergebens. Du rennst wie verrückt und jagst selbst verlorenen Bällen noch nach, doch je mehr du dich anstrengst, je mehr ihr kämpft umso mehr baut ihr den Gegner auf, verliert an Kraft und gebt eurem Gegner neue Räume. Es ist ein psychologischer Moment, der hier regiert. Jeder kleinste Fehler macht dich nur nervöser. Das ganze Team steckt fest in einem Perpetuum mobile der Hilflosigkeit.
Egal wo und egal was drauf steht. Diese Schilder erkennen alle. Aber nutzen Sie auch im Fußball was?
Darum werde ich nie ich meinen ersten Einsatz für das Neuköllner Straßenteam „Red Zombies“ vergessen. Obwohl! Eigentlich kann ich mich an nichts erinnern, außer an die Minuten vor meinem Einsatz. Die Zombies entstanden Ende der 80´er Jahre in der fußballfeindlichen Westberliner Alternativszene und kickten sich zuerst durch schrammelige Mottoturniere. Der große Wurf gelang mit der Teilnahme am regulären Spielbetrieb der Berliner Uni-Liga in den 90´er Jahren. Mein Studienfreund und ich waren gerade neu dabei. Nachdem wir an diversen Trainingseinheiten teilgenommen hatten und warteten wir nun an der Bande in frischen Trikots mit kryptischen Rückennummern, wie „der liegenden Acht“ und „666“, auf unseren Einsatz in einer Dahlemer Sporthalle. Unser erstes Spiel beginnt. Anstoß Zombies. Ein direkter Pass in den Fuß des Gegners - 0:1. Erneut Anstoß Zombies, der zweite Pass und 0:2. Nach 32 Spielsekunden zeigt die vermaledeite Anzeigetafel in leuchtend roten Lettern: 0:3. Mein Bankgenosse und ich sehen uns seufzend tief in die Augen. Irgendwann kam auch ich zu meinem Einsatz. Dabei fühlte ich mich wie eine Ameise, die ein nerdiger Teenie zum Spaß aus einem Ameisenhaufen in einen fremden transportierte. Ich wurde rumgeschubst und lief gegen andere Ameisen. Ich fühlte mich ausgestoßen und fehl am Platz.
Früher nannte man die Einbahnstraße: Einrichtungsstraße. Auch passend, denn es geht nur in eine Richtung, ob man nun will oder nicht. An Tagen wie diesen gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder ergibt man sich seinem Schicksal oder man lässt die aufkommende Aggressivität raus. Doch auch dies baut den Gegner weiter auf und jede Äußerung oder Aktion wird ironisch kommentiert und schlimmstenfalls direkt mit Toren bestraft. Die erlebte Verletzung steigert sich in eine schützende Ohnmacht. So gibt es nur nur eine Chance: Aus einer Einbahnstraße kommt nur raus wer mitschwimmt. Ist Aufgeben auch verpönt im Fußball, so ist die aus der Psycho-Therapie bekannte Problemakzeptanz ein erster wichtiger Schritt. Deshalb werden in unteren Ligen Einbahnstraßen-Spiele schon mal vom Schiedsrichter abgebrochen, wegen erdrückender Überlegenheit. Zu Recht! Denn Einbahnstraßenfußball hat eigentlich nichts mit mehr mit einem Fußballspiel zu tun.Es ist eher ein Training, mit einem angeschlagenen Sparrings-Partner.
Siehe auch Brasilien vs. BR Deutschland Halbfinale WM 7:1.Nett zu sehen hier im Video von BBC. Um die Trainingsperspektive zu verdeutlichen wurden die brasilianischen Spieler einfach heraus retuschiert.