Wer die
letzten Tage auf den Sportseiten in der Türkei das Tagesgeschehen verfolgte,
fand neben diversen Fußball Transfergeschichten auch immer wieder den Namen
Graystorm. Am Donnerstag wurde Graystorm sogar Top Trend bei türkischen
Twitter-Usern. Hinter dem Hype steht die Teilnahme des türkischen Rennpferdes
Graystorm am Weltcup in Dubai.
Bei
Pferdesport denken nur Eingeweihte auch an die Türkei. Dabei ist der
Pferdesport nicht nur einer der ältesten Sportarten des Landes, sondern auch
einer der populärsten. Der türkische Jockey-Klub (TJK) veranstaltet fast
täglich mehrere Rennen auf Rennbahnen im ganzen Land. Der Sport hat im Land
eine lange Tradition und wurde schon lange vor Fußball betrieben. Schon im 17.
Jahrhundert haben in der Stadt Edirne und in Istanbul Rennen stattgefunden. Die Popularität ist bis heute ungebrochen.
Dafür wird auch die Hoffnung auf schnelle Gewinne beigetragen haben. Denn auch
Pferdewetten haben in der Türkei Tradition. Dazu kommt das Wetten auf
Sportereignisse in der Türkei staatlich lizensiert werden. Es gibt nur einen
Anbieter für Fußball und Basketball Wetten, wer dann keine Lust auf die Quoten
des staatlich lizensierten Betreibers hat, dem bleibt nur die Alternative:
Pferdewetten. Private Wettanbieter sind in der Türkei nicht zugelassen.
Logo des türkische Jockey Klubs (TJK) |
Im Stil von Männercafés
In der
Türkei lässt sich nicht nur an Rennbahnen auf Sieger und Einlauf wetten. Im
ganzen Land gibt es unzählige Wettbüros. Man erkennt sie an dem Logo des TJK,
dessen schwarz rotes old school Design sofort ins Auge fällt. Doch passt das Logo zum Ambiente dieser
Wettbüros, in denen keine anderen Wetten, als die auf des Jockey Klubs möglich
sind. Kein Fußball, kein Basketball, kein Big Brother. Von außen sehen die
Büros aus wie Cafes, wie Männercafes. Und die meisten Türkei-Besucher werden
sie auch für ein weiteres dieser Männercafes halten, für die die Türkei so bekannt
ist. Doch hier geht es nicht um Tavla, das türkische Backgommen, bei einem Tee.
Hier geht es um das große Geld. Mit Glück lassen sich hier Millionen ergattern.
Und so treffen sich hier ausschließlich die vermeintlichen Pferdekenner. Den
Soundtrack dazu liefern die Liveaufnahmen des TJK eigenen TV Senders von den
Rennbahnen des Landes.
Ausgestattet
sind die Wettcafes schlicht. Ein zumeist abgenutzter Tresen, ein paar zusammen
gewürfelte Tische und Stühle plus Neonlicht. Erst auf den zweiten Blick fallen
neben dem Logo des TJK, die Fachzeitungen des Genres auf, die überall im
Wettcafe herumliegen. Die Ausgaben werden zumeist auch noch Seite für Seite an die
Wände des Cafes geklebt. Ein Service des Wettbüroinhabers an seine Kunden. Denn
die Fachzeiten informieren über Ergebnisse und Gerüchte und bieten einen ausführlichen
Statistikteil. Dabei passen die einfach layouteten zweifarbigen Din-A4
Fachblätter zum Ambiente. Das Format und Layout erinnern an die Anfänge
gedruckter Exxel-Tabellen der 90er und wirken wie ein Bote aus einer anderen
Zeit.
Wie Bungeejumping
Seit dem
umfangreichen Rauchverbot innerhalb von öffentlich zugänglichen Räumen in der
Türkei, fallen die Cafes zumeist um die Mittagszeit auch durch plötzliche
Rudelbildungen auf der Strasse auf. Vor und nach den einzelnen Rennen versuchen
sich die Pferdewetter bei einer Zigarette zu beruhigen. Denn Pferdewetten sind
ein kurzer Kick. Ein Bungeejump für Moneysüchtige. Die kurzen Rennen bringen
Adrenalin und puschen auf. Da ist die gemeinschaftliche Zigarette davor und
danach eine Form von Selbsttherapie. Und aus einer werden dann schnell mehrere,
denn an den meisten Tagen lassen sich auf mehrere Rennen in Folge wetten.
Außerdem sind auch ausländische Rennen im Angebot des TJK Wettprogramms.
Erstmals in Dubai
Zurück zu
Graystorm. Der bald vierjährige
Vollblüter hat mit seinem Jockey Ahmet Celik 2016 Zwei der Drei wichtigsten
Rennen in der Türkei gewonnen. Das gelang seit 15 Jahren niemandem mehr. Seit
Dezember sind Graystorm und Celik in Dubai und bereiten sich auf den dortigen
Weltcup vor. Beim prestigeträchtigen und mit 250.000 Dollar höchstdotierten Cup
der Welt ist mit Graystorm/Celik erstmals ein türkischer Jockey dabei.
Dementsprechend die hohe Aufmerksamkeit. Und auch wenn Graystorm/Celik beim
gestrigen Lauf nur als Siebter ins Ziel ging. Ein ganzes Land war elektrisiert.
Die Kommentare sind dann auch trotz dem Abschneiden im ersten Lauf fast durch
weg positiv. Schon die Teilnahme am Weltcup in Dubai wird als Erfolg gefeiert.
Apropo
Pferderennen: Von einem Besuch bei einem Barbier in der Türkei, während eines
Rennens, - davon kann ich nur abraten, aber das ist dann eine andere
Geschichte.