Galatasaray Istanbul hat im
türkischen Pokalendspiel Stadtrivalen Fenerbahçe mit 1:0 bezwungen und eine Saison
der Katastrophen ansatzweise befriedigend beendet. Der durch Podolskis Tor
errungene Pokalsieg bedeutete die letzte Möglichkeit zur Qualifikation in einem
europäischen Wettbewerb und gleichzeitig den Beginn einer einjährigen
Disqualifikation seitens der UEFA.
Die Verpflichtung von Lukas
Podolski hat sich ausgezahlt. Er erzielte, per Kopf in der 31´ Minute, den einzigen Treffer im türkischen Pokalendspiel und hauchte seinem Klub wieder Leben
ein. So konnte zum Abschluss einer sportlich als auch sport-politisch
verkorksten Saison zu mindestens einmal gejubelt werden. Denn mit dem Pokalsieg
hat sich Cim-Bom letztendlich nicht nur einen Titel gesichert, sondern auch mit
der Qualifikation zu einem europäischen Wettbewerb, den letzten Strohhalm
ergriffen um den Klub vor großen finanziellen Einbußen zu bewahren.
Lukas Podolski Top bei Galatasaray: 13 Tore und goldenes Tor im Pokal (Foto: Michael Schilling / Wikipedia CC BY-SA 3.0) |
Für Europa gesperrt
Im März 2016 wurde
Galatasaray schuldig gesprochen in den Saisonjahren 2012-2013, 2013-2014 und 2014-2015
gegen die Richtlinien des Finanziellen Fair-Plays der UEFA verstoßen zu
haben. Als Strafe für den Istanbuler Klub wurde ein Jahr Spielsperre an den
europäischen Wettbewerben ausgesprochen. Und diese hätte Cim-Bom ohne den jetzigen Pokaltitel gar nicht antreten können, da die Leistung in der Liga
noch nicht einmal zur Euroleague Qualifikation gereicht hätte (Tabellenplatz
6). Bei einer Niederlage im Pokalendspiel wäre Galatasaray gleich zwei
Jahre von den finanziell lebenswichtigen europäischen Töpfen ausgeschlossen
gewesen. Und diese sind für den mit 331 Millionen Dollar verschuldeten Klub, nach den Einnahmen aus den TV-Rechten, die wichtigste Einnahmequelle. Dank Podolski
kann der Klub nun hoffen, schon in der Saison 2017-2018 wieder in Europa
spielen zu können. Wenn man sich dann auch sportlich qualifiziert.
4 Trainer in einer Saison
In der Saison 2014-2015 wurde erfolgreich die Liga dominiert und
das Double eingefahren. Und das Team konnte zusammen gehalten werden, sowie mit
Lukas Podolski, Ryan Donk, Martin Linnes, Kevin Großkreutz und Lionel Carole
gezielt verstärkt werden. Nicht nur Kommentatoren und Fachleute handelten den Klub
als Titelfavoriten. Doch schon der Saisonstart misslang. Mit nur 5 Punkten nach
vier Spielen, legte der Klub den schlechtesten Saisonstart seit Bestehen der 3-
Punkte Regelung hin. Damit nicht genug. Beim erfolgsverwöhnten Klub wuchsen die
Kommunikationsprobleme zwischen Vorstand und Trainer Hamza
Hamzaoğlu, mit dem erst zur Saisonbeginn der Vertrag auf weitere 3 Jahre
verlängert wurde. Aus den drei Jahren wurden dann nur 11 Spieltage, ehe
Hamzaoğlu vom Vorstand entlassen wurde. Sportlich stand Cim Vom zudem Zeitpunkt immerhin noch mit 21
Punkten auf dem 3. Rang.
Übergangsweise
übernahm dann Torwarttrainer Cláudio
Taffarel das Training, ehe der erfahrene Mustafa
Denizli verpflichtet wurde. Doch auch er blieb nicht lange. Er warf nach dem Ausscheiden
aus der Champions League und nur vier Siegen aus elf Ligaspielen das Handtuch.
Die Saison zu Ende gebracht wurde dann unter Leitung von Interimscoach Orhan Atik. Zuvor eher im Einsatz als Co-Trainer, Erfahrung als Chefcoach hatte der Antik nur 2008 bei Antalyaspor sammeln können.
Vier Trainer
in einer Saison mit einem klaren Resultat: Platz 6. Besonders schlecht sah es
für die Defensive aus, mit 46 Gegentoren kassierte der Klub soviel Gegentore
wie noch nie in einer Spielsaison.
Die Chefs im Stress
Der Ausschluss aus Europa
und der sportliche Misserfolg brachten Probleme in der Vorstandsarbeit offen zu
Tage. Planlosigkeit und Kompetenzgerangel mischten sich und bestimmten die
Entscheidungen der Klubchefs. Der verspätete Vertragsabschluss mit Großkreutz,
in folge dessen dieser zuerst noch nicht mal spielberechtigt war, sowie Fehler
bei Vertragsabschlüssen bzgl. der Wechselkurse zwischen Lira/Dollar schadeten dem Verein. Zudem wurden immer wieder neue Namen, als Spieler oder
Mitarbeiter im sportlichen Bereich ins Gespräch gebracht. Dabei sind schon
jetzt die einzelnen Arbeitsbereiche im Klub ungenau beschrieben und die sportliche
Leitung folgerichtig in einem Kompetenzwirrwarr verstrickt. Eine Planung für
die Saison 2016-2017 in Bezug auf Transfers, Leihverträge und Trainerstab ist
auch jetzt zum Ende der Saison noch nicht erarbeitet. Und die Probleme vor denen der Vorstand
steht, werden durch die Einnahmeverluste aufgrund der UEFA-Sperre nicht
kleiner.
Trikotsponsor im Knast
Erst weit nach Saisonbeginn,
nach dem 10. Spieltag, konnte ein Trikotsponsor präsentiert werden. Doch der
ließ aufhorchen. Mit der Baufirma Dumankaya gelang ein vermeintlicher krisensicherer
Coup, so ist doch gerade die Bauindustrie in der Türkei treibender
Wirtschaftsmotor. 30 Millionen Lira sollten für die vereinbarten 3-Jahre als
Trikotsponsor in die Kassen des Klubs fließen. Doch damit war dann schon nach 6
Monaten vorbei, denn der Klub selbst kündigte den Sponsorvertrag, nachdem im
April 2016 gleich vier Vorstandsmitglieder von Dumankaya von der Polizei
festgenommen wurden. Die Firma Dumankaya geriet unter Verdacht den religiösen
Prediger Fetullah Gülen nahe zu stehen. Diesem wird vorgeworfen von den USA aus
in der Türkei einen Staat im Staate zu organisieren. Bis zum Winter 2013 galten
Fetullah Gülen und seine Anhänger noch als treue Partner der türkischen
Regierung, doch seitdem bekämpfen sich beide Gruppen offen. Im Zuge dessen wird gegen
Fetullah Gülen nun wegen Terrorismusverdacht ermittelt und hunderte von
mutmaßlichen Unterstützern aus Wirtschaft und Medien gerieten in
Gefangenschaft, darunter auch die Dumankayas. Zwar sind die Dumankayas jetzt nach
mehreren Wochen Haft nicht mehr im Gefängnis, doch die Verfahren können sich
noch über Jahre hinziehen. So zog
Galatasaray schon früh nach den polizeilichen Ermittlungen und ersten
Festnahmen den Schlußstrich. Streß mit der Regierung wollte sich der Vorstand
wegen einem Sponsor nicht leisten. Dafür nehmen die Vereinsverantwortlichen
sogar Regeressforderungen seitens des ehemaligen Sponsors in Kauf. Zudem wird Dumankaya
auch auf eine Rückzahlung schon geleisteter Beträge drängen. 9 Millionen seien
schon auf das Konto von Galatasaray überwiesen worden, für ein Jahr Sponsoring.
Aus dem dann nur knapp sechs Monate wurden.
Der Klub steht vor harten
Zeiten. Trotz des Pokalerfolges ist die Zukunft ungewiss. Keine Gelder aus
Europa, kein Trainer, kein Hauptsponsor und auch der Verbleib einiger Leistungsträger
ist längst nicht gesichert. Denn auch die Top-Spieler brauchen ebenso wie der
Klub die europäische Bühne.
tumds.blogspot.de - 23. März 2014, Sonntag
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